Stärker als beim Wohnbau spielen im Wirtschaftsbau naturgemäß nüchterne und rationale Argumente eine wesentliche Rolle. Die emotionale Komponente, nämlich Prestige, Ausstrahlung des Gebäudes udgl. ist zwar auch im Wirtschaftsbau von zunehmender Bedeutung, wird aber rational uminterpretiert: Signifikanz, Werbeeffekt und Wahrnehmbarkeit sind die nüchternen Umformungen dieser Gesichtspunkte. Die Lage ist bei Wirtschaftsbauten ebenfalls viel stärker von objektiven und messbaren Kriterien bestimmt als bei Wohnbauten. Klar ist, dass insbesondere bei Handelsliegenschaften die Messbarkeit der potentiellen Kundenfrequenz, die quantitativen Kenngrößen der direkten und erweiterten Einzugsgebiete, die Erreichbarkeit mit individuellen und öffentlichen Verkehrsmitteln von entscheidender Bedeutung sind. Der wohl wichtigste Faktor für einen Wirtschaftsbau ist aber die verwertbare Kundenfläche. Der Einzelhandel unterliegt einem fortschreitenden Strukturwandel. Äußere Anzeichen dafür sind die laufende Modernisierung und Vergrößerung der Einzelhandelsbetriebe sowie die Entwicklung neuer Standorte an den Orts- und Stadträndern. Räumliche Konzentration bedeutet, dass sich der Einzelhandel in zunehmenden Maß auf attraktive, gut erreichbare Standorte zurückzieht, wogegen Betriebe in kleineren Ortschaften und in schlechteren Lagen aufgelassen werden. Diese Orientierung des Handels wird mit dem steigenden Individualverkehr noch weiter zunehmen. Gefragt sind Standorte an stark frequentierten Verkehrswegen oder –knoten, die Möglichkeit zur Schaffung ausreichender Parkplätze ist eine Standortvoraussetzung. In innerstädtischen Bereichen gewinnen jene Standorte an Bedeutung, bei denen große Passantenfrequenzen vorhanden oder zu erwarten sind. Um Synergieeffekte erzielen zu können, kommt es zu einer Annäherung zwischen Handel und Freizeitangebot. Im Handel folgt eine Auflösung der Grenzen zwischen Groß- und Einzelhandel. Der direkte Absatz durch die Hersteller gewinnt an Bedeutung, von den Herstellern betriebene Markenshops und Factoryoutlets dringen vermehrt in den Markt ein. Verstärkt etablieren sich Dienstleister innerhalb von Handelsbetrieben und Einkaufszentrum, weil sie von der Kundenfrequenz profitieren bzw. umgekehrt neue Kundenschichten für die Handelsbetriebe erschließen. Allein diese Strukturveränderung hat zu einer enormen Zunahme des Flächenverbrauchs geführt. Der Flächenbedarf, der durch die Errichtung von freistehenden Einkaufszentren, Supermärkten und Discountern verursacht wird, ist enorm hoch. Statistisch gesehen liegt der Flächenbedarf für einen Supermarkt bei durchschnittlich 3600 m², wobei nur ca. 30 % der Grundflächen überbaut sind, der überwiegende Teil der beanspruchten Fläche wird als Parkplatz genutzt. Aus alledem hat sich für die Tiroler Landesregierung die Notwendigkeit ergeben, die Entwicklung von Handelsbetrieben außerhalb der Ortszentren strengeren Beschränkungen als bisher zu unterwerfen, wobei einerseits eine bodensparende Bauweise forciert wird und andererseits Handelsbetriebe außerhalb von Kernzonen ab einer bestimmten Größenordnung Beschränkungen unterworfen werden sollen. Mit der Tiroler Raumordnungsnovelle 2005 wurde das bisher geltende Regime für Einkaufszentren nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 2001 (TROG) geändert. Die Änderungen sind am 01.07.2005 in Kraft getreten. Das Gesetz sieht vor, dass Handelsbetriebe mit einer Kundenfläche von mehr als 300 m² nunmehr in sogenannten Kernzonen unbeschränkt zulässig sind. Außerhalb von Kernzonen dürfen solche Handelsbetriebe nur mehr auf eigens dafür ausgewiesenen Sonderflächen neu errichtet werden, wobei die Zulässigkeit der Widmung solcher Sonderflächen an strenge Kriterien gebunden wird. Gleichzeitig wurden die im Rahmen des Einkaufszentrenregimes bestehenden Zusammenrechnungsregeln im Bezug auf Gebäude und Betriebe außerhalb von Kernzonen verschärft und überdies auf sonstige Handelsbetriebe mit einem Kundenflächenausmaß von mehr als 300 m² ausgedehnt, um die in den letzten Jahren speziell im Bereich der Fachmarktzentren eingetretenen Entwicklungen raumordnungsrechtlich effizienter erfassen zu können. Das novellierte TROG reduziert die bisherige Einteilung der Einkaufszentren von 6 Betriebstypen auf nur mehr 2 Betriebstypen, wobei jeder Handelsbetrieb oberhalb der Einkaufszentren-Schwellenwerte aufgrund seines Warensortimentes einem dieser Betriebstypen zuzuordnen ist. Die Schwellenwerte differieren nach Gemeindegrößen. An die Stelle der bisherigen funktionalen Einheit von Gebäuden und der betriebsorganisatorischen Einheit mehrerer Betriebe, treten nunmehr die Merkmale des wirtschaftlichen, organisatorischen oder funktionellen Zusammenhanges von Betrieben. Davon wird jedenfalls dann auszugehen sein, wenn ein planmäßiges Zusammenwirken verschiedener Betriebe bzw. Betriebsstätten vorliegt. Dieses Zusammenwirken kann in vielfältiger Weise erfolgen und von unterschiedlicher Intensität sein. Konkrete Merkmale eines solchen Zusammenwirkens sind jedenfalls eine einheitliche Planung und Konzeption, eine Abstimmung des Branchenmixes und des Sortiments auf ein bestimmtes Einzugsgebiet, eine zentrale Einflussnahme auf einzelbetriebliche Entscheidungen, eine nach außen hin als Einheit in Erscheinung tretende Betriebsform, insbesondere durch eine gemeinsame Verwaltung oder Werbetätigkeit. Derartige Fachmarktzentren unterliegen nunmehr auch bei baulich getrennten Geschäftseinheiten jedenfalls der Zusammenrechnungsregel und sind sie daher als Einkaufszentren zu werten, wenn die Kundenfläche insgesamt den für die Begründung der Einkaufszentreneigenschaft jeweils maßgebenden Schwellenwert übersteigt. Für bestehende Handelsbetriebe, deren Kundenfläche 300 m² überschreitet, ohne jedoch die Schwellenwerte für Einkaufszentren zu erreichen, wurde aus Gründen des Vertrauensschutzes Übergangsbestimmungen in die Tiroler Raumordnungsnovelle 2005 aufgenommen, die in Anlehnung für Einkaufszentren gestaltet sind und die dementsprechend eine Erweiterungsmöglichkeit um 25 % der rechtmäßig bestehenden Kundenfläche vorsehen.