Kurzhinweise zu strafrechtlichen Handlungsgrenzen für Verbandsorgane nach dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015

Kurzhinweise zu strafrechtlichen Handlungsgrenzen für Verbandsorgane nach dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015

Am 1. Jänner 2016 tritt das Strafrechtsänderungsgesetz 2015 in Kraft. Diese Novelle gilt als die tiefgreifenste Änderung des Strafgesetzbuchs seit seiner Einführung 1975. Abgesehen von einer gewissen gesamtgesellschaftlichen Relevanz, die ein solches Reformwerk in sich birgt, finden sich darin natürlich auch zahlreiche Aspekte die für Wirtschaftstreibende von Interesse sind. Zwei davon sollen hier kurz im Überblick behandelt werden. Vorweg noch ein Hinweis auf einen neuen Tatbestand, der ebenfalls mit dieser Novelle im Strafgesetzbuch implementiert wird. Bereits 2014 wurde in der Exekutionsordnung die Möglichkeit geschaffen, im Zwangsversteigerungsverfahren bei unzulässigen Bieterabsprachen Ordnungsstrafen zu verhängen. Nach Ansicht des Gesetzgebers soll sich gezeigt haben, dass diese Maßnahme nicht ausgereicht hat, um derartige Malversationen zu unterbinden. Deshalb wird ein neuer § 292c ins Strafgesetzbuch eingeführt, der für darin bestimmte Formen von „Bieterabsprachen“ Strafen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe vorsieht.

Die erste Änderung die kurz vorgestellt werden soll, ist für jedes vertretungsbefugte Organ von Interesse. In den vergangen Jahren hat die Rechtsprechung zum Delikt der Untreue für Diskussionen gesorgt. Juristisch ging es um die Definitionen von Befugnismissbrauch und Untreueschaden, auf die wirtschaftlichen Tatsachen runter gebrochen und sehr zugespitzt war das Eingehen eines unternehmerischen Risikos (und es ist wohl nur ein Risiko, wenn im Hintergrund eben keine entsprechenden Risikoausgleiche oder Sicherheiten stehen) mit russischem Roulett verwandt. Ging das Risiko in Erfolg auf, war schon mangels Schadenseintritt eine Strafbarkeit ausgeschlossen. Ging das Risiko nicht auf und es gab einen entsprechenden Schaden „reichte das“ (Anm.: juristisch müsste das anders erläutert werden), um wegen Untreue verurteilt zu werden, immer vorausgesetzt die Staatsanwaltschaft hat von einem solchen Sachverhalt Kenntnis erlangt. Bei einem Schaden von mehr als EUR 50.000,00 (auch diese Wertqualifikation wird nun auf EUR 300.000,00 angehoben), war man mit einem Strafrahmen von 1 bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe bedroht und in der Regel wurden unbedingte Freiheitsstrafen verhängt. Das Organ landete also im Gefängnis.

Nachdem unternehmerisches Risiko (je nach Zweig mehr oder weniger) auch zum Wirtschaftsleben dazu gehört, regte sich in der Wirtschaft entsprechender Unmut, weshalb Justizminister Wolfgang Brandstetter schon im Vorfeld der Reform hier Änderungen angekündigt hatte. Umso erstaunlicher ist, dass sich in der Regierungsvorlage dazu nichts fand und erst durch einen Initiativantrag im Nationalrat die nunmehrigen Änderungen Aufnahme ins Reformpaket fanden. Die Verbesserung soll legistisch über zwei Elemente erreicht werden. Zuerst wird dem Tatbestand der Untreue selbst mit einem Absatz (2) eine Legaldefinition zum Befugnismissbrauch beigefügt. Zum zweiten werden im Aktiengesetz (§ 84 Abs. 1a neu) und im GmbH-Gesetz (§ 25 Abs. 1a neu) internationalen Vorbildern entsprechend jeweils Regelungen aufgenommen, wonach Entscheidungsträger rechtmäßig handeln sollen, sich also von vorherein nicht wegen Untreue strafbar machen können, wenn sie ihre unternehmerische Entscheidung sorgfältig vorbereitet haben und diese an den Interessen des Unternehmens ausgerichtet haben (sog. Business Judgement Rule).

Die zweite Neuerung die noch kurz angerissen werden soll betrifft das „Bilanzstrafrecht“. Bisher gibt es in diversen Materiengesetzen zu Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Stiftungen u.s.w. Strafbestimmungen zur Verletzung der Pflicht, richtig über die (wirtschaftlichen) Verhältnisse der Gesellschaft zu berichten / informieren. Die meisten dieser Bestimmungen treten mit 31.12.2015 außer Kraft. Statt ihnen treten mit 01.01.2016 neue Bestimmungen im Strafgesetzbuch in Kraft (§§ 163a- 163d). Es soll damit eine Vereinheitlichung der Strafbestimmungen erfolgen. Die wichtigsten Änderungen sind zunächst eine Verschärfung der Strafdrohungen (bisher z.B. im AktG und GmbHG bis zu 1 Jahr; künftig bis 2 qualifiziert bis 3 Jahre Freiheitsstrafe). Der Täterkreis wird erweitert. Einerseits können Entscheidungsträger im Sinn des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes Täter sein, also Geschäftsführer, Vorstände u.s.w., anderseits können sich auch Prüfer solcher Verbände nunmehr strafbar machen. Umgekehrt gibt es einen eigenen Tatbestand der regelt, wie durch tätige Reue eine Aufhebung der Strafbarkeit bewirkt werden kann.

Gerade für Prüfer könnte es interessant sein, sich im Vorfeld über diese neuen Strafbestimmungen zu informieren, denn wie jeder weiß, gilt im Strafrecht: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.“