Der Begriff des „unverbindlichen Kostenvoranschlages“, der im Folgenden besprochen wird, ist ebenso gebräuchlich wie irreführend, da derartige Entgeltprognosen zwar ohne Gewährleistung für ihre Richtigkeit gegeben werden, ihnen aber dennoch eine gewisse Verbindlichkeit zukommt. Jedenfalls sind sie mehr als bloße beiläufige Auskünfte auf die Frage, was „das Ganze denn nun kosten soll“.
Nach der herrschenden Ansicht ist eine wesentliche Anforderung an Kostenvoranschläge eine (einigermaßen) detaillierte Aufgliederung der einzelnen Entgeltbestandteile, wobei nicht geklärt ist, wie diese zu erfolgen hätte. Dieses Erfordernis erscheint jedoch oftmals unzureichend, z.B. in Bezug auf mündliche Kostenvoranschläge. Die Funktion eines Kostenvoranschlags ist eine von einem Fachmann sach- und fachgerecht erstellte Entgeltprognose, die sich – am Grad ihrer Zuverlässigkeit gemessen – zwischen Pauschalpreisen und bloßen Auskünften bewegt. Es ist also für das Vorliegen nicht eine detaillierte Aufgliederung entscheidend, sondern vielmehr die Wahrscheinlichkeit, mit der der Empfänger auf deren Richtigkeit aufgrund der darauf verwendeten Mühe des Erstellers vertrauen kann. Wenn diese Mühe erkennbar vermindert wird, liegt nach der Rechtsprechung nurmehr ein Schätzungsanschlag vor, dem ein verminderter Vertrauensschutz zukommt.
Wird das prognostizierte Entgelt überschritten, ist zunächst zu fragen, ob es sich bei der tatsächlich erbrachten Werkleistung noch um dieselbe handelt, für die der Kostenvoranschlag erstellt wurde. Es wird sich wohl bei nur geringfügigen Abweichungen (z.B. geringe Verzögerung) meist noch um dieselbe geschuldete Leistung handeln, jedoch kann diese Frage lediglich für den jeweiligen Einzelfall abschließend geklärt werden.
Wenn auch der Kostenvoranschlag eine Orientierungshilfe am zu erwartenden Entgelt sein soll, so ist er in aller Regel kein tauglicher Berechnungsmodus für das tatsächlich anfallende Entgelt. Kostenvoranschläge sind hauptsächlich dort zu finden, wo es nicht um einen detailliert vorgegebenen Katalog von Einzelleistungen geht, sondern die Funktion des bestellten Werkes (z.Bsp. Errichtung eines Hauses) entscheidend ist. Das bestellte Werk und nicht die Aufgliederung in der Entgeltprognose bleibt Vertragsinhalt. Anhand dieses Beispiels ist offensichtlich, dass vorab unvorhersehbare Einzelleistungen anfallen können und es auch im Hinblick auf die Privatautonomie des Unternehmers unzulässig wäre, ihm die Preisbildungsansätze eines Werkes für ein anderes aufzuzwängen.
Es lässt sich aus dem Gesetz kein Erfordernis ableiten, wonach Kostenvoranschläge für den Werkbesteller nachvollziehbar und schließlich „richtig“ sein müssen. Im Regelfall wäre dem Besteller eine Überprüfung eines solchen Voranschlages mangels Sachkenntnis auch gar nicht möglich oder er hätte bei entsprechender Fachkunde gar keinen Bedarf daran. Der Kostenvoranschlag ist seinem Wesen nach ein Gutachten und wird daher nicht ein endgültig richtiges Ergebnis sondern eine sachgerechte Prognose geschuldet. Bei der Einholung eines „unverbindlichen Kostenvoranschlages“ muss der Besteller in einem gewissen Maße damit rechnen, dass die Prognose schlussendlich nicht zutrifft und verweigert das Gesetz deshalb dem Empfänger eine Anfechtung wegen Irrtums.
Der Kostenvoranschlag macht ein Werk nicht billiger, verursacht aber Kosten, die auf den Besteller umgelegt werden. Spart der Unternehmer zu sehr an diesen Kosten, läuft er Gefahr schadenersatzpflichtig zu werden. Dies kann bis zu einem gänzlichen Entfall eines Entgelts führen, wenn der Werkbesteller bei Kenntnis des wahren Umfangs des Werkes von einer Auftragserteilung überhaupt Abstand genommen hätte und nunmehr zusätzlich die Folgen des unfertigen Werkes beseitigen muss.
Hat der Unternehmer die geforderte Sorgfalt walten lassen, stellt sich die Frage nach dem Ersatz von unerwarteten und unvermeidlichen Mehraufwänden. Erhöhungen der Kosten aufgrund unvermeidlicher Überschreitungen berechtigen den Unternehmer zur Anpassung des Entgeltes. Solche Fälle liegen bei einem Irrtum über die vorhandenen Gegebenheiten (schlechtes Wetter oder Naturkatastrophen verzögern einen Bau) oder Entwicklungen von kostenrelevanten Umständen (Preisschwankungen von Baumaterial) vor. Fehlende Mitwirkung des Werkbestellers ist dem Unternehmer freilich ebenfalls nicht anzulasten und kann dieser seinen Mehraufwand verlangen.
Ein Unternehmer ist zum Schutz des Bestellers vor einer unvorhergesehenen „Kostenexplosion“ bei einer Kostenüberschreitung zur Anzeige verpflichtet, wenn diese „beträchtlich“ ist, wobei hierzu keine absoluten Anhaltspunkte vorgegeben werden. Kommt der Unternehmer dieser Anzeigepflicht nicht nach, verliert er seinen Anspruch auf Entgelt für seine Mehraufwände.