Beim Kauf von unbebauten Grundstücken zum Zweck eines geplanten Investments gibt es einiges zu beachten: Lage, Verkehrsanbindung, Umweltbelastungen und etwaige bücherliche Lasten bestimmen maßgeblich den Wert eines Liegenschaftsobjektes. Der für die künftige Verwendung und Preisentwicklung zentralste Faktor beim Grundverkehr ist aber die Flächenwidmung. Der Wert eines unbebauten Grundstückes hängt demnach wesentlich von den Möglichkeiten der baulichen Nutzung ab.
Nun ist es keine hohe Kunst, die gegenwärtige Flächenwidmung eines Grundstückes in Erfahrung zu bringen; ein Blick in die öffentlichen Bücher oder eine kurze Anfrage beim Gemeindeamt genügt. Für Investoren und Kenner der regionalpolitischen Gegebenheiten können dabei insbesondere Flächen mit den Widmungen „Freiland bzw. Grünland“ von Interesse sein. Investoren, die sich nicht mit einem reinen Werterhalt ihres Investments begnügen wollen, werden nach Objekten Ausschau halten, bei denen „mit hoher Wahrscheinlichkeit in nächster Zeit“ eine Umwidmung in Bauland erfolgen wird, dem so genannten „Bauerwartungsland“. Nach der österreichischen Rechtsprechung muss diese Wahrscheinlichkeit zumindest über 50% liegen und sich höchstens in den nächsten zehn Jahren verwirklichen, wobei drei bis fünf Jahre als günstiger Wert gilt. Schon alleine aus diesen Zeitspannen wird aus wirtschaftlicher Sicht das größte Unsicherheitsmoment ersichtlich. Die Qualifikation als Bauerwartungsland beruht auf Prognosen, die freilich nur richtig sein können. Bekanntlich ist „das Problem mit Prognosen, dass sie mit der Zukunft zu tun haben“ (Winston Churchill). Dem Begriff des Bauerwartungslandes sind demnach stets gewisse Spekulationen immanent, die einer zuverlässigen Planung für neue Bauvorhaben für Jahre im Weg stehen können.
Das wirtschaftlich Reizvolle ist, dass bei einer Umwidmung von Freiland bzw. Grünland in Bauland ein erheblicher Preis- bzw. Wertsprung stattfindet. Das neue Bauland erzielt nun ein Vielfaches seines ursprünglichen Preises, wobei die lokalen Preise dennoch stark differieren können.
Aus juristischer Sicht stellt sich bei derartigen Flächen die Frage, wie Bauerwartungsland in Verfahren – z.B. Enteignungen, gerichtlichen Verwertungen oder auch nur bei der Streitwertbemessung – zu bewerten ist. Die gängigste Methode zur Ermittlung eines Liegenschaftspreises ist das Vergleichswertverfahren. Dazu werden Flächen, die nach den wesentlichen wertbestimmenden Merkmalen vergleichbar sind, mit dem fraglichen Grundstück verglichen und dabei ein Wert festgelegt, der sich an den anderen orientiert. Gerade wenn es aber nicht zu einem Freihandverkauf kommt, bei dem der Preis ausverhandelt wird, kann es vorkommen, dass keine aktuellen Vergleichswerte vorliegen, vor allem wenn in dieser Region in den letzten Jahren kein reger Grundverkehr stattfand. Nach dem Vergleichswertverfahren sollen die Vergleichswerte nicht älter als vier Jahre sein. Während nach der Deutschen Immobilienwertermittlungsverordnung „konkrete Tatsachen“ vorliegen müssen, die „die bauliche Nutzung mit hinreichender Sicherheit erwarten lassen“, gibt es in Österreich keine solche Legaldefinition für Bauerwartungsland und beruht nach österreichischem Recht die Einstufung auf der Summe von Indizien. Das primäre Kriterium für diese Einstufung ist nach herrschender Lehre der tatsächlich zu erzielende höhere Bauerwartungslandpreis. Gerade der lässt sich hier aber nach den gängigsten Methoden nicht ermitteln, da der Markt(preis) noch nicht nachweislich auf die Wertänderung reagiert hat.
Kommt es bei einem Grundstück, das zwischenzeitlich als Bauerwartungsland eingestuft werden könnte zu einer Enteignung oder gerichtlichen Verwertung (z.B. im Rahmen eines Insolvenzverfahrens), muss der Eigentümer beweisen, dass es sich beim betroffenen Grundstück nicht um Grünland, sondern um teureres Bauerwartungsland handelt. Gelingt dieser Nachweis mangels Vergleichswerten nicht, würden nur Bruchteile der eigentlichen Werte den Eigentümern als Entschädigungen zugestanden bzw. den Verwertungsmassen zugeführt.