Nach aktueller Rechtslage stellt sich die einkommenssteuerrechtliche Situation für Grundstücksveräußerungen so dar, dass grundsätzlich ein Steuersatz von 3,5 %, innerhalb des Familienkreises und im Kreis naher Angehöriger hingegen ein Steuersatz von 2 % der Gegenleistung einzuheben ist. Strittiger Punkt war bis dato der Begriff der Gegenleistung, welcher nach heftiger Diskussion grundsätzlich mit dem Verkehrswert der Liegenschaft veranschlagt, aus rechtspolitischen Gründen hingegen im Familienkreis auf den dreifachen Einheitswert reduziert wurde. Der Einheitswert stellt den steuerlichen Wert des land- und forstwirtschaftlichen sowie des sonstigen Grundvermögens und der zum Betriebsvermögen gehörigen Grundstücke (Betriebsgrundstücke) dar und wird vom Finanzministerium verwaltet. Aufgrund der seit Jahrzehnten unterlassenen Fortschreibung bzw. Neufeststellung entsprechen die Einheitswerte nicht mehr den realen Verhältnissen der Grundstücke. Daher ist der (dreifache) Einheitswert wesentlich niedriger als der Verkehrswert und führte somit bei Erwerbsvorgängen im Familienkreis zu einem erheblichen Steuerprivileg.
Am 17.03.2015 wurden die Eckpfeiler der Steuerreform 2015/2016 präsentiert, welche für den Bereich des Liegenschaftsverkehrs erhebliche Veränderungen zulasten des vormals privilegierten Familienkreises vorsehen. Demzufolge werden Liegenschaftsübertragungen im Familienkreis künftig steuerlich ebenfalls auf Basis des Verkehrswertes abgehandelt werden. Das wird in der Praxis zur Folge haben, dass zum Beispiel Schenkungen oder sonstige Übergaben von Liegenschaften an Kinder wesentlich teurer kommen werden. Lediglich anstelle des vormals starren Steuersatzes von 2 % bzw. 3,5 % vom Verkehrswert wird ein Stufenmodell eingeführt, welches – abhängig vom Verkehrswert – nachfolgend gestaffelte Prozentsätze vorsieht:
Verkehrswert der Liegenschaft Steuersatz
EUR 0 bis EUR 250.000,00 0,5 %
EUR 251.000,00 bis EUR 400.000,00 2,0 %
Über EUR 400.000,00 3,5 %
Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass vom Gesetzgeber eine pauschale Ermittlungsmethode hinsichtlich des Verkehrswertes vorgeschlagen wird, wobei die konkrete Umsetzung fraglich ist. Zur Ermittlung des Verkehrswertes einer Liegenschaft ist jedenfalls die Einholung eines Gutachtens notwendig, welches im Regelfall mit einer zusätzlichen finanziellen Belastung verbunden sein wird. Zum anderen ist die Frage ungeklärt, ob Liegenschaften mit einem Verkehrswert von über EUR 250.000,00 zur Gänze mit dem jeweils geltenden Steuersatz besteuert werden oder ob eine Zusammenrechnung der einzelnen Stufen analog zum § 11 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (derzeit außer Kraft) erfolgt. Beispiel: A übergibt B eine Liegenschaft im Wert von EUR 300.000,00, wobei bei analoger Anwendung des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes ein Betrag in Höhe von EUR 250.000,00 dem Steuersatz von 0,5 % unterliegt und der Restpreis von EUR 50.000,00 mit 2% besteuert werden würde.
Bei der Übertragung von Grundstücken im Zuge von Unternehmensveräußerungen wurde der Freibetrag von aktuell EUR 365.00,00 auf EUR 900.000,00 angehoben. Zudem wurde eine Erleichterung für den Land- und forstwirtschaftlichen Bereich eingeführt, welcher bei unentgeltlichen Übergaben von dieser Gesetzesnovelle ausgenommen ist, d.h.: es gelten weiterhin die niedrigeren Einheitswerte.
Insgesamt bedeutet diese Gesetzesnovelle eine wesentliche Verschärfung für den Transfer von preislich anspruchsvollen Liegenschaften, da künftig neben der höheren Steuerbemessungsgrundlage auch zusätzliche Kosten für die Verkehrswertermittlung anfallen. Zudem beabsichtigt der Gesetzgeber, die Immobilienertragsteuer von derzeit 25 % auf 30 % zu erhöhen, sodass die Gesetzesnovelle insgesamt als Gegenleistung für die entfallene Erbschaftssteuer zu bezeichnen ist. Die neue Regelung wird ab 01.01.2016 in Kraft treten, sodass es sich hier empfiehlt, ins Haus stehende Liegenschaftsschenkungen tunlich vorzuziehen. Anderes gilt hingegen für günstige Liegenschaftsangebote, welche aufgrund des niedrigen Steuersatzes von 0,5 % sogar billiger kommen könnten.