Mit 21.11.2014 wurde das Bundesgesetz zur Änderung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches und des Unternehmensgesetzbuches (GesbR-Reformgesetz) im Bundesgesetzblatt I Nr. 83/2014 veröffentlicht. Damit wurden die Regelungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche sich im 27. Hauptstück des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 1175 bis 1216e ABGB) befinden, neugefasst. Im Wesentlichen kommt es durch diese Gesetzesnovellierung zu einem erhöhten Maß an Rechtssicherheit, da bis dato lediglich in der Rechtsprechung angesprochene oder aus dem allgemeinen Gesellschaftsrecht herangezogene Rechtsinstrumente – so zum Beispiel die actio pro socio, die Pflicht zur Interessenwahrung etc. – nunmehr auch im Verhältnis zur GesbR gesetzlich festgelegt wurden. Unverändert geblieben sind hingegen die grundlegenden Wesenszüge der GesbR, welche noch aus 1811 – dem Jahr der Urfassung des ABGB – stammen. Hiebei ist insbesondere erhalten geblieben, dass der GesbR keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt – diese als solche daher keine Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann. Insbesondere kann sie in einem streitigen Zivilverfahren auch nicht als Partei auftreten. Berechtigt bzw. verpflichtet sind diesfalls lediglich die einzelnen Gesellschafter gemeinsam. Darüber hinaus wurde der Grundsatz der Privatautonomie aufrechterhalten, nach welchem von den aktuellen gesetzlichen Regelungen durch gesellschaftsvertragliche Regelung im Einzelfall abgewichen werden kann. Es besteht also Dispositionsfreiheit. Auch der Gründungsvorgang kann nach wie vor schriftlich, mündlich oder sogar formfrei durch konkludentes Handeln erfolgen. Betreffend die Vermögensordnung hat sich der Gesetzgeber weiterhin nicht zum Gesamthandeigentum an körperlichen Sachen durchgerungen. Diese können entweder im Miteigentum aller Gesellschafter zu ideellen Anteilen oder im Alleineigentum jenes Gesellschafters, der sie der Gesellschaft zum Gebrauch (quoad usum) zur Verfügung gestellt hat, stehen.
Zu den maßgeblichen Neuerungen im Einzelnen: Wie bereits erwähnt wurde die bis dato vor allem im Recht der Kapitalgesellschaften anerkannte actio pro socio nunmehr auch für die GesbR verwirklicht, was in der Praxis zur Folge haben wird, dass Ansprüche der Gesellschaft gegen einzelne Gesellschafter gesichert durchsetzbar sind. Aus dem Gesellschaftsverhältnis entspringen gegenseitige Interessenswahrungs- und Treupflichten, welche nunmehr ein Gesellschafter im Namen der Gesellschaft als solcher gegen einzelne, treuwidrig handelnde Mitgesellschafter gerichtlich geltend machen kann. Ein Hauptanwendungsfall ist die Unterlassungsklage.
Eine weitere wesentliche Neuerung ist die Nachschusspflicht, welche nunmehr immer dann besteht, wenn die Fortführung der Gesellschaft sonst nicht möglich wäre. Diesfalls können daher die Gesellschafter mittels Mehrheitsbeschluss zur Leistung von Nachschüssen verpflichtet werden. Will ein überstimmter Gesellschafter dieser Verpflichtung nicht entsprechen, besteht eine Möglichkeit zum Austritt aus der Gesellschaft unter Wahrung der Abfindungsansprüche. Abgesehen von dieser Ausnahmeregelung ist jedoch keine grundsätzliche Nachschusspflicht vorgesehen.
Im Innenverhältnis orientiert sich die Gesetzesreform weitgehend am OG-Recht. Das bedeutet, dass für gewöhnliche Rechtsgeschäfte die Einzelgeschäftsführungsbefugnis gilt. Demgegenüber richtete sich die Geschäftsführungsbefugnis bis zur Gesetzesnovelle nach dem Mehrstimmigkeitsprinzip. Für Grundlagengeschäfte ist weiterhin das Einstimmigkeitsprinzip maßgebend und können willkürliche Blockaden einzelner Gesellschafter durch Klage auf Zustimmung ausgehebelt werden. Nach außen hin kann grundsätzlich jeder Gesellschafter die Gesellschaft vertreten und damit alleine alle Gesellschafter verpflichten. In der Praxis ist daher zu beachten, dass die Gesellschafter nach außen hin unbeschränkt und persönlich für gesellschaftsbezogene Verbindlichkeiten haften.
Nach § 1201 Abs. 1 ABGB gehen die gesellschaftsbezogenen, nicht höchstpersönlichen Rechtsverhältnisse im Falle des Eintritts oder des Ausscheidens eines Gesellschafters sowie bei einem Gesellschafterwechsel automatisch auf den neuen Gesellschafter oder die übrigen Gesellschafter über. Die bis dato strittige Haftung des ausscheidenden Gesellschafters wurde nunmehr in Anlehnung an § 39 UGB geregelt. Beim Rechtsformwechsel einer GesbR in eine OG (nicht aber umgekehrt) hat sich der Gesetzgeber unter Anschluss an die einhellige Ansicht für die Gesamtrechtsnachfolge entschieden.
Die vom Gesetzgeber vorgenommene Novellierung ist zu begrüßen und entspringt einem großen praktischen Bedürfnis (Bildung von ARGE zur Abwicklung von großen Bauprojekten, Vorgründungsgesellschaften, bloße Interessensgemeinschaften etc.) und dem Umstand, dass die bisherigen Regelungen aus dem Jahr 1811 nicht mehr zeitgemäß waren. Die konkrete Umsetzung wird durch ein Übergangsmodell erfolgen, welches Altgesellschaften (Gründung vor 31.12.2014) ermöglicht, bis Ende Juni 2016 die alte Rechtslage in Anspruch zu nehmen.