Mit Inkrafttreten des Privatstiftungsgesetzes im Jahr 1993 wurde in Österreich die Möglichkeit geschaffen, eine private Stiftung zu gründen. Während der knapp zwei Jahrzehnte ihres Bestehens, hat die Rechtsform der Privatstiftung regen Zuspruch erfahren. Ende April diesen Jahres waren in Österreich rund 3.300 Privatstiftungen im Firmenbuch eingetragen.
Die Österreichische Privatstiftung ist als eine eigenständige Rechtsträgerin eine juristische Person, die ihren Strukturen nach an die Kapitalgesellschaften angelehnt und wie diese im Firmenbuch einzutragen ist. Es bestehen jedoch entscheidende Unterschiede, die sie von der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung abheben. Die Privatstiftung hat eigenes Vermögen, jedoch selbst keinen Eigentümer oder Gesellschafter; lediglich einen Begünstigten. Begünstigte können nur mehrere oder eine einzelne natürliche Personen sein, die bereits in der Stiftungsurkunde bezeichnet werden können. Die Auswahl der oder des Begünstigten kann einem Gremium oder Stifter vorbehalten, oder von bestimmten Bedingungen oder Befristungen abhängig gemacht werden. Der Stifter kann sich auch selbst als Begünstigten einsetzen.
Das stiftungsrechtliche Pendant zu einem Gesellschaftsvertrag einer Kapitalgesellschaft findet sich in der Stiftungserklärung, mit der die Privatstiftung errichtet wird. Für Privatstiftungen von Todes wegen muss eine letztwillige Stiftungserklärung errichtet werden, die den Formerfordernissen letztwilliger Verfügungen wie z.B. einem Testament zu entsprechen hat. In die Stiftungserklärung wird der Wille der Stifter aufgenommen, ein bestimmtes Vermögen aus ihrem eigenen Vermögen auszuscheiden, es rechtlich zu verselbständigen und einem bestimmten Zweck zu widmen. Sie kann Regelungen über die Ausgestaltung der vorgesehenen Organe enthalten.
Die Privatstiftung kann grundsätzlich zu jedem nicht gesetz- oder sittenwidrigen Zweck gegründet werden, darf jedoch keine gewerbsmäßigen Tätigkeiten ausführen. Trotz dieser Einschränkung erfährt sie dadurch gegenüber öffentlich rechtlichen Stiftungen ein stark erweitertes Anwendungsfeld, da eine Privatstiftung auch rein privaten Interessen gewidmet werden kann. Dies eröffnet die sonst nicht vorhandene Möglichkeit, großes Familienvermögen und Gesamtunternehmen im Familienbesitz über Generationen zusammen zu halten. Im Rahmen des Erbrechtes wäre ein Zusammenhalten in dieser Form nicht möglich, da bei Vorhandensein mehrerer Erben stets die Gefahr der Zersplitterung des Vermögens besteht. Insbesondere, wenn sich Unternehmen, wertvolle Liegenschaften oder (Kunst-)Sammlungen, die bei einer Aufteilung dramatisch an Wert verlören, in Familienbesitz befinden, ist eine Privatstiftung ein denkbar lohnendes Modell. Durch entsprechende Regulierung der Ausschüttungen von Erträgnissen können Begünstigte, z.B. Nachkommen, nachhaltig finanziell versorgt werden, ohne die eigentliche Substanz des Vermögens durch unbeschränkten Zugriff eines Erben einer potentiellen wirtschaftlichen Gefährdung aussetzen zu müssen.
Ein Grund für die Beschließung des Privatstiftungsgesetzes 1993 war, eine attraktive Möglichkeit zu schaffen, großes Vermögen im Inland zu halten. Im Hinblick auf jene Privatvermögen, die regelmäßig in Privatstiftungen eingebracht werden und unter Berücksichtigung der vorrangigen nachhaltigen Zwecke, stellt auch das Erfordernis der Mindesteinlage von EUR 70.000,00 keine Hürde dar. Die Einführung der Stiftungseingangssteuer („Eintrittsgebühr“) im Jahr 2008 in Höhe von 2,5 % als Quasi-Nachfolgerin der Erbschafts- und Schenkungssteuer, vermochte an der steuerlichen Situation keine bemerkenswerten Änderungen herbeizuführen. Mit dem Schenkungsmeldegesetz 2008 wurde zusätzlich die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen steuerneutrale „Substanzauszahlungen“ vorzunehmen, die beim Begünstigten keine Steuerpflicht gegenüber der grundsätzlich anfallenden Kapitalertragsteuer von 25 % auslösen. Seit 01.01.2012 unterliegt die unentgeltliche Zuwendung von Liegenschaften an Privatstiftungen nicht mehr der Stiftungseingangssteuer. Die anfallende Grunderwerbssteuer von 3,5 % wird jedoch um das „Stiftungseingangssteueräquivalent“ von 2,5 % auf gesamt 6 % des dreifachen Einheitswertes erhöht. Somit bleibt auch nach den jüngsten Gesetzesänderungen das Modell der Österreichischen Privatstiftung weiterhin eine äußerst attraktive Möglichkeit, steuergünstig großes Vermögen zusammenzuhalten und dessen Substanz nachhaltig zu erhalten.