Bereits mit seiner 1. berühmten „Klauselentscheidung“ im Jahr 2006 hat der Oberste Gerichtshof ein praktisch enorm relevantes Rechtsgebiet, berührt, nämlich das der Rechte und Pflichten der Mieter gegenüber ihrem Vermieter. Nach fünf Jahren sind nun im Bereich der mietvertraglichen Klauseln zahlreiche neue Entscheidungen hinzugekommen, die weitere mieterrelevante Themen betreffen.
Alle Entscheidungen haben gemeinsam, dass „Auslöser“ für die jeweiligen Klagen standardisierte Mietverträge eines gewerblichen Vermieters waren, bei welchen eine Vielzahl von Klauseln beanstandet und untersagt wurde. Die ersteren Klauselentscheidungen des Obersten Gerichtshofes befassten sich mit der Erhaltungspflicht für das Innere des Mietgegenstandes und für mitvermietete Einrichtungen und Anlagen (insbesondere Heizthermen, Küchengeräte, Sanitäreinrichtungen, Möbel, etc.) und die Überwälzung der Erhaltungskosten auf die Mieter.
Der OGH erinnert in diesen Entscheidungen regelmäßig an die durch das Mietrechtsgesetz (MRG) getroffene Einteilung bzw. Unterscheidung der Voll-, Teil- oder Nichtanwendbarkeit des MRG je nach dem konkret vorliegenden Mietgegenstand und urteilt sodann zur Überwälzung der einzelnen Verpflichtungen auf den Mieter.
Hinsichtlich der Pflicht zur Erhaltung des Mietgegenstandes richtet sich diese bei Nicht- oder nur Teilanwendbarkeit des MRG nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, wonach der Vermieter den Mietgegenstand im vertraglich vereinbarten Zustand zu übergeben und während der gesamten Vertragszeit zu erhalten hat. Im Vollanwendungsbereich des MRG besteht dagegen nur eine eingeschränkte Erhaltungspflicht des Vermieters zur Erhaltung der allgemeinen Teile des Hauses und insoweit auch des Mietgegenstandes, für den Fall, dass ein ernster Schaden des Hauses zu beheben oder eine von Mietgegenstand ausgehende erhebliche Gesundheitsgefährdung zu beseitigen ist. Sowohl im Voll- als auch im Teilanwendbarkeitsbereich des MRG wurden durch standardisierte Mietverträge nun die Pflichten auf Mieter überwälzt. Der OGH hat dies beides Mal untersagt und mit einem Verstoß gegen das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) begründet, da der Mieter als Verbraucher dem gewerblichen Vermieter als Unternehmen gegenüber stand.
Mit Fortschreiten der Judikatur rückt nunmehr zunehmend der § 879 ABGB, also die Frage der Sittenwidrigkeit von Vertragsabschlüssen, in den Vordergrund, wonach Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen, die nicht eine der beiden Hauptleistungen (also Zurverfügungstellung des Mietgegenstand bzw. Zahlung des Mietzinses) betreffen, unwirksam sind, wenn durch sie ein Teil gröblich benachteiligt wird. So wurde beispielsweise in einem Prozess, bei dem es um die Überwälzung der Verpflichtung zur jährlichen Wartung einer Gas-Kombi-Therme ging, diese Klausel als gröblich benachteiligend angesehen. Gestützt auf denselben „Sittenwidrigkeits-Paragraphen“ § 879 ABGB hat der OGH ebenfalls in seiner 4. mietrechtlichen Klauselentscheidung die generelle Überwälzung der Verpflichtung von weiteren Pflege- und Servicemaßnahmen im Zusammenhang mit der gesamten Wohnungsausstattung, wie beispielsweise regelmäßige Reinigung der Wohnung und der Fenster, fachgerechte Behandlung von Böden und Fliesen, Beseitigung geringfügiger Gebrauchsschäden – gesprungene Fliesen, beschädigte Sesselleisten, etc. – ohne entsprechende Gegenleistung durch den Vermieter als gröblich benachteiligend angesehen.
Neben der Frage der Erhaltungspflicht hat sich der OGH im weiten Gebiet der mietvertraglichen Klauseln unter anderem auch mit der generellen Überwälzung von Ausmalpflichten und Betriebskosten, dem Ausschluss von Schadenersatz- oder Gewährleistungsansprüchen, erweiterte Kündigungsmöglichkeit durch den Vermieter, verspäteten Zahlungen und der Tierhaltung verpflichtet. Wie im Bereich der Erhaltungspflichten zieht er für diese Themenkreise immer wieder den Verbraucherschutz im Rahmen des KSchG heran und tendiert in den letzten Entscheidungen zur Überprüfung, ob im Einzelnen eine gröbliche Benachteiligung im Sinne der Sittenwidrigkeit vorliegt. Aufgrund der praktischen Relevanz der Fragen werden auch zukünftige Entscheidungen des OGH sicherlich auf reges öffentliches Interesse stoßen.