Der Staat in seinen verschiedenen Ausformungen benötigt zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben Sachgüter und Dienstleitungen. Dies kann sich von Utensilien für die tägliche Verwaltungsführung über Gesundheitsgüter bis hin zu Großprojekten der Bauwirtschaft oder der Hochtechnologie erstrecken. Das in der Praxis weit aus bedeutendste Instrument der Beschaffungstätigkeit des Staates ist die öffentliche Auftragsvergabe. Dabei bezieht der Staat die benötigten Güter und Leistungen „vom Markt“ und damit grundsätzlich unter denselben Bedingungen wie ein Privater. Die Vergabe öffentlicher Aufträge zählt damit zu den praktisch bedeutsamsten Instrumenten der nicht-hoheitlichen, auf privatrechtlichen Gestaltungsmitteln beruhenden Verwaltung, der sogenannten Privatwirtschaftsverwaltung.
Die Notwendigkeit rechtlicher Vorgaben für die öffentliche Auftragsvergabe ergibt sich aus mehreren Gründen. Zum einen nimmt der Staat bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zwar grundsätzlich „wie ein Privater“ am allgemeinen Marktgeschehen teil; in seiner Eigenschaft als Nachfrager unterscheidet er sich aber in vielerlei Hinsicht von den sonstigen Marktteilnehmern. Zum anderen ist es von erheblicher Bedeutung, dass den Bietern in einem Vergabeverfahren gegenüber der oftmals „übermächtigen“ öffentlichen Hand durchsetzbare Rechte eingeräumt werden, und zwar auch dann, wenn der Staat mit Mitteln des Privatrechts (und somit nicht-hoheitlich) tätig wird und deshalb die „üblichen“ verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzmechanismen nicht greifen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit eindeutiger und präziser Vorschriften, die den Ablauf des Vergabevorgangs regeln, auf deren Einhaltung der übergangene Bieter „klagen“ kann. Der Rechtsschutz zu Gunsten der Bieter hat eine wesentliche Bedeutung für die Sicherung fairen Bieterverhaltens. Indem sich sowohl der nachfragende Staat als auch die um einen Auftrag werbenden Bieter an klar vorgegebene Verfahrensregeln halten müssen, die ein faires und gleiches Vergabeverfahren sicher stellen, soll ein unsachliches Bieterverfahren (zB wettbewerbswidrige Absprachen, „Vergabekatelle“ der Bieter) verhindert werden.
Im Vergabeverfahren besteht grundsätzlich ein Verhandlungsverbot zwischen dem Auftragsgeber und Bietern, wodurch es den Bietern prinzipiell nicht möglich ist, ihre Angebote nach erfolgter Angebotslegungseröffnung zu ändern. Dahinter steht die Zielsetzung, wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen, wie die Bevorzugung eines Bieters durch nachträgliches Verhandeln über den Auftragsgegenstand oder das Ausnutzen der Nachfrage durch eine staatliche Macht durch offensives „Preisverhandeln“ zu verhindern. Gesetzliche Regelungen des Vergabeverfahrens können die Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit sowie die Publizität und Gleichförmigkeit der Handlungen des Auftraggebers für potenzielle Bieter gewährleisten.
Der Auftraggeber kann sich einer Reihe von Verfahrensarten bedienen, um den Unternehmer zu ermitteln, der die gewünschte Leistung erbringen soll. Grundsätzlich stehen dem Auftraggeber das offene Verfahren, das nicht offene Verfahren, das Verhandlungsverfahren, die Rahmenvereinbarung, das dynamische Beschaffungssystem, der wettbewerbliche Dialog und die Direktvergabe zur Verfügung. In Kombination mit anderen Verfahren kann der Auftraggeber zur Ermittlung des Angebotes, dem der Zuschlag erteilt werden soll, auch die elektronische Auktion heranziehen.