Am 1. Oktober 2009 tritt die am 2. Juli 2009 beschlossene Novelle des Tiroler Grundverkehrsgesetzes in Kraft. Mit dieser Novelle 2009 wird vor allem der Erwerb von land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben und land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken umfassend neu geregelt. Folgende Neuregelungen sind dabei besonders erwähnenswert:
• Die Selbstbewirtschaftung und Residenzverpflichtung des Erwerbers eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes oder Betriebes besteht nicht mehr. Jeder Österreicher und dem gleichgestellt jeder EU- und EWR-Bürger kann ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück oder einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb kaufen, auch wenn er selbst nicht Landwirt ist. Auch Kapitalgesellschaften können nunmehr als Erwerber auftreten. Ist der Erwerber selbst nicht Landwirt, hat er jedoch die nachhaltige ordnungsgemäße Bewirtschaftung der erworbenen Grundstücke zu gewährleisten.
• Ist der Erwerber eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes selbst nicht Landwirt, so kommt nunmehr die völlig neu geschaffene „Interessentenregelung“ zu tragen. Interessent kann nur ein Landwirt sein, dessen Betrieb im selben Gemeindegebiet liegt wie das zu erwerbende Grundstück oder die Entfernung zwischen seinem Betrieb und dem zu erwerbenden Grundstück nicht größer ist, als es im Hinblick auf die jeweilige Nutzungsart dieses Grundstückes betriebswirtschaftlich vertretbar ist. Die Grundverkehrsbehörde wird künftig der Gemeinde, in deren Gebiet die zu erwerbenden Grundstücke liegen, per Kundmachung das angehende Rechtsgeschäft übermitteln, und jeder Landwirt, dem die vorgenannte Interessenteneigenschaft zuerkannt wird, kann ein verbindliches Angebot bei der Grundverkehrsbehörde abgeben. Dieses verbindliche Angebot nimmt aber nicht im Sinne eines üblichen Vorkaufsrechtes auf den im angezeigten Kaufvertrag ausgewiesenen Kaufpreis Bezug, sondern legt der Landwirt seinem verbindlichen Angebot jenen Preis zu Grunde, der erst im Zuge des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens durch einen Sachverständigen nach den Grundsätzen des Liegenschaftsbewertungsgesetzes zu ermitteln ist.
Die Grundverkehrsnovelle 2009 ist in den gesetzlichen Vorgaben in großen Teilen äußerst unbestimmt und lässt wesentliche Fragen offen. Das Gesetz gibt keine Auskunft darüber, was unter einer nachhaltigen, ordnungsgemäßen Bewirtschaftung eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes zu verstehen ist. Auch gibt das Gesetz keine Antwort auf die Frage, welche Entfernung von dem Betrieb eines interessierten Landwirtes zu dem zu erwerbenden Grundstück im Hinblick auf die jeweilige Nutzungsart dieses Grundstückes betriebswirtschaftlich vertretbar ist. Hier wird der Grundverkehrsbehörde ein weites Ermessen eingeräumt, welches noch an den Bestimmtheitskriterien des verfassungsgesetzlich verankerten Rechtsstaatsprinzips zu prüfen sein wird. Im Hinblick auf die aus der Gerichtspraxis bekannten Schwierigkeiten einer objektiven Ermittlung eines ortsüblichen Preises für ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück oder einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb nach den Grundsätzen des Liegenschaftsbewertungsgesetzes darf nicht nur mit langen Verfahrensdauern, sondern auch mit erheblichen Verfahrenskosten gerechnet werden. Dass der Veräußerer eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes letztendlich tatsächlich einen nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz ermittelten Preis annehmen muss, da er ansonsten seine Liegenschaft bei Auftreten eines interessierten Landwirtes überhaupt nicht verkaufen kann, verletzt wohl das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit des Eigentums. Dies schon im Hinblick darauf, dass bereits der zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber im angezeigten Kaufvertrag ausverhandelte Kaufpreis der grundverkehrsbehördlichen Prüfung der – nach wie vor – bestehenden Genehmigungsvoraussetzung unterliegt, demnach die vereinbarte Gegenleistung den ortsüblichen Preis um nicht mehr als 30 Prozent übersteigen darf. Dass der interessierte Landwirt nicht zumindest ein Angebot zu diesem die Genehmigungsvoraussetzung der Grundverkehrsbehörde ohnedies zu erfüllenden Kaufpreis zu stellen hat, sondern davon völlig losgelöst erst ein Preis nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz ermittelt wird, ist nicht nachvollziehbar und erscheint nicht sachgerecht. Besonders pikant wird das Interessentenmodel werden, wenn sich mehr als nur ein Landwirt als Interessent bei der Grundverkehrsbehörde anmeldet. Das Gesetz gibt für diesen Fall jedenfalls keine Verfahrensregel vor. Die Grundverkehrsnovelle 2009 wird nach Ansicht des Autors noch viele Juristen beschäftigen.