Immobilienbewertung

Immobilienbewertung

In der geschäftlichen Praxis treten vielfältige Situationen auf, in denen die Bewertung von Immobilien (Liegenschaften, Liegenschaftsanteile, Baurechte, Superädifikate udgl.) erforderlich wird. So stellen etwa die Veräußerung oder der Ankauf einer Immobilie, sei es bloß klassisch oder im Rahmen von „Sale and Lease Back-Transaktionen“ und gerichtliche Auseinandersetzungen ebenso Bewertungsanlässe dar, wie solche im Rahmen von Immobilienfinanzierungen, Portfoliobewertungen von Immobilienfonds, Werthaltigkeitsprüfungen von Immobilien im Rahmen des Jahresabschlusses und für steuerliche Zwecke (z.B. Beurteilung verdeckter Gewinnausschüttungen oder verbotener Einlagenrückgewähr bei Immobilientransaktionen mit Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft).
Diese unterschiedlichen Bewertungsanlässe verfolgen jeweils einen bestimmten Bewertungszweck und bestimmt letzterer, gemeinsam mit dem Bewertungsgegenstand, die Wahl des Bewertungsverfahrens. In Österreich erfolgt die Immobilienbewertung fast ausschließlich nach den im Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG) normierten Bewertungsverfahren (Vergleichswert-, Ertragswert- und Sachwertverfahren = sog. normierte Verfahren). In Deutschland werden die Immobilienwerte vorrangig nach den in der Wertermittlungsverordnung (WertV) geregelten Verfahren ermittelt. Während nach dem Vergleichswertverfahren die zu bewertenden Immobilien mit oft subjektiv ausgewählten Vergleichsimmobilien (ausgehend von deren Verkaufspreisen und unter Berücksichtigung von bestimmten Zu- und Abschlagsfaktoren) verglichen werden, liegt dem Ertragswertverfahren die Überlegung zugrunde, dass sich der Wert einer Immobilie aus dem Rückschluss zukünftig erwarteter Erträge ermitteln lässt. Das Sachwertverfahren errechnet wiederrum den Wert einer Immobilie durch Addition des Bodenwertes und der um die Alterwertminderung reduzierten Herstellungskosten baulicher Anlagen.
International agierende Investoren, Immobiliengesellschaften, Projektentwickler udgl. setzen abweichend von den normierten Verfahren vermehrt auf die Anwendung internationaler Wertermittlungsverfahren. Neben oder ergänzend zu den normierten Verfahren (LGB, WertV) finden dort Wertermittlungsverfahren Anwendung, deren Bewertungsergebnisse (Immobilienwert) weitere – für Investoren jedoch entscheidungswesentliche – Bewertungsfaktoren berücksichtigen. Zu nennen sind etwa das sog. Residualwertverfahren (residual method) und das Barwertverfahren (discounted cash flow method, DCF-Verfahren). Das Residualwertverfahren, das insbesondere bei unbebauten oder nur teilweise bebauten Liegenschaften, die einer anderen als der bisherigen Nutzung zugeführt werden sollen (z.B. Umwidmung, verändert Objektnutzung) angewendet wird, berücksichtigt den oft wesentlichen Umstand, dass die gegenwärtige Nutzung der Liegenschaft aus Sicht der Marktteilnehmer nicht mehr als die bestmögliche Nutzungsart beurteilt wird, sondern das Bewertungsobjekt „im Umbruch steht“ (property-in-transition). Dieses Bewertungsverfahren ist vor allem für Projektentwickler eine weitere Entscheidungshilfe und findet sich diese Bewertungsmethode deshalb auch regelmäßig im Rahmen von Feasibility Studies des zu beurteilenden (Groß-)Projektes wieder. Nach dem ursprünglich für die Unternehmensbewertung entwickelten, nunmehr jedoch vermehrt (auch etwa in Deutschland) von Immobiliengesellschaften angewendete Barwertverfahren (DCF-Verfahren) wird die explizite Trennung von Boden- und Ertragswert der baulichen Anlagen vermieden. Es wird vielmehr der Barwert (Kapitalwert) einer Immobilie ermittelt und zwar indem die zukünftigen Zahlungsüberschüsse (cashflow) bestimmt und mit Hilfe der Kapitalkosten auf den Bewertungsstichtag diskontiert werden. Dabei werden auch zu zahlende Steuern (Körper- oder Einkommenssteuer) berücksichtigt. Bei diesem ertragsorientierten Bewertungsverfahren wird sohin der zukünftige, in Geldeinheiten bewertete, Nutzen einer Immobilie auf den Bewertungsstichtag abgezinst. Diese Methode ist um einiges flexibler als die klassischen Ertragswertverfahren (LBG, WertV), weil etwa auch Risiken und Wachstumspotenziale im Kapitalfluss vereinfacht abgebildet werden können.
Die Berücksichtigung internationaler Standards für die Bewertung von Immobilien ist heute Stand der (Bewertungs-) Technik.