Die wesentlichen Änderungen bzw. Neuerungen bei der Grunderwerbsteuer ab 1. Jänner 2016

Die wesentlichen Änderungen bzw. Neuerungen bei der Grunderwerbsteuer ab 1. Jänner 2016

Selten zuvor sind Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes vorweg in dem Ausmaß öffentlich wahrgenommen worden, wie nun die seit 1. Jänner 2016 geltenden Neuerungen. Die Information „Schenkungen überhaupt bzw. Übertragungen im Familienverband werden teurer“ war in aller Munde und hat zu einer überdurchschnittlichen Auftragslage bei Notaren und mit Liegenschaftsrecht befassten Rechtsanwälten geführt. Dieser Aspekt ist jedoch nur eine Erscheinungsform einer umfangreicheren Novelle, die im Folgenden im Überblick dargelegt wird.

Die ersten Neuerungen gibt es bei der Anteilsübertragung bei Personengesellschaften, bei denen inländische Grundstücke zum Betriebsvermögen gehören. Die Anteilsübertragung fällt erstmals unter die Grunderwerbsteuer, wenn sich der Gesellschafterbestand zu mindestens 95 % ändert und diese Änderung innerhalb von 5 Jahren stattfindet. Die Anteilsvereinigung bei Personen- und Kapitalgesellschaften wird angepasst. Nunmehr ist auch hier die Grunderwerbsteuer zu entrichten, wenn mindestens 95 % der Anteile übertragen oder in einer Hand vereinigt werden. In beiden Fällen werden für die Berechnung der 95 %-Grenze treuhändig gehaltene Anteile dem – wirtschaftlich tatsächlich verfügenden – Treugeber zugerechnet. Beide Änderungen sollen derzeit in der Praxis geübte Umgehungskonstruktionen (Personengesellschaft: Übertragung von Gesellschaftsanteilen anstatt der Grundstücke; Kapitalgesellschaften: Zurückbehaltung von „Zwerganteilen“ bzw. Halten eigener Anteile) bei der Grunderwerbsteuer erschweren. Der Steuertarif beträgt bei beiden Sachverhalten (sowie bei Vorgängen nach dem Umgründungssteuergesetz) immer nur 0,5 %.

Die Entwicklung bei der Bemessungsgrundlage vom Einheitswert zu einem „wahren“ Wert ist schon länger im Gange und mit der gegenständlichen Novelle wurde ein weiterer Schritt getan. Nunmehr gibt es den Einheitswert als Bemessungsgrundlage ausschließlich noch beim Erwerb von land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften. Für alle anderen Liegenschaften ist als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer die Gegenleistung (Kaufpreis, Schuldenübernahme, Nutzungsrecht usw.) heranzuziehen. Bei unentgeltlichen Erwerben ist der Grundstückswert die Bemessungsgrundlage, ebenso wenn die Gegenleistung unter dem Grundstückswert liegt. Dieser wird durch eine Pauschalberechnungsmethode oder durch Ableitung aus einem geeigneten Immobilienpreisspiegel erhoben. Die Details dazu werden durch Verordnungen festgelegt.

Als Maßnahmen zur Abfederung dieser Umstellung bei der Bemessungsgrundlage sind laut den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage unter anderem die Erhöhung des Betriebsfreibetrags auf EUR 900.000,00, die Einführung eines Stufentarifs für unentgeltliche Erwerbsvorgänge (beginnend mit einem Steuersatz von 0,5 %), die Regelung, dass innerhalb des Familienverbands immer Unentgeltlichkeit vorliegt und die Deckelung der Steuer für den unentgeltlichen Teil bei Betriebsübertragungen mit 0,5 % erfolgt.

Beim Stufentarif ist nach der neuen Gesetzeslage maßgeblich, ob es sich um einen unentgeltlichen, einen teilentgeltlichen oder einen entgeltlichen Erwerb handelt. Demnach liefert das Gesetz selbst die Definition für diese Begriffe: Unentgeltlich ist der Erwerb, wenn eine allfällige Gegenleistung max. 30 % des Grundstückswerts beträgt, teilentgeltlich wenn die Gegenleistung mehr als 30 % aber max. 70 % des Grundstückswerte beträgt, beträgt die Gegenleistung mehr als 70 % des Grundstückswerts ist der Erwerb entgeltlich. Auf unentgeltliche Erwerbe (und den unentgeltlichen Teil eines teilentgeltlichen Erwerbs) ist ein privilegierender Stufentarif anzuwenden (0,5 % für die ersten EUR 250.000,00, 2 % für die nächsten EUR 150.000,00, darüber hinaus 3,5 %). Unabhängig von der tatsächlichen Gegenleistung gelten, wie oben erwähnt, z.B. Erwerbe im „Familienkreis“ per Gesetz als unentgeltlich. Selbst bei einem Erwerb mit einer dem Marktwert entsprechenden Gegenleistung innerhalb des vom Gesetz privilegierten Familienkreises ist als Bemessungsgrundlage nicht die Gegenleistung, sondern der Grundstückswert und für den Steuersatz der Stufentarif heranzuziehen.

Es bleibt auch nach dieser Novelle noch dabei, dass es etliche Einzelfallkonstruktionen gibt, die nach den unterschiedlichen Bestimmungen zu den Bemessungsgrundlagen und Tarifansätzen zu prüfen sind. Trotzdem ging es auch wieder einen Schritt weiter zu einem Grunderwerbsteuergesetz, das grundsätzlich an einem „wahren“ Wert orientiert eine einheitliche Vermögenssteuer erhebt und lediglich in drei Bereichen Abweichungen vorsieht, die wirtschafts- bzw. gesellschaftspolitisch erforderlich oder erwünscht sind: land- und forstwirtschaftliche Liegenschaften; Betriebsübergänge, Umgründungen, Anteilsübertragungen u.ä.; und schließlich die Erwerbe im „Familienkreis“.